„Geldwäsche-Bekämpfung: Anwälte unter Generalverdacht“ titelte die Frankfurter Allgemeine Zeitung Anfang März. Hintergrund ist eine veränderte Risikoanalyse zur Geldwäsche, die dazu führte, dass gleich mehrere Kreditinstitute Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten ihre Sammelanderkonten kündigten.
Bis 2021 galt die Einschätzung, dass Transaktionen über Sammelanderkonten von Rechtsanwälten nur mit einem mäßigen Risiko behaftet sind – ergo nur eine „einfache Sorgfaltspflicht“ gemäß Geldwäschegesetz (GwG) einzuhalten ist. Angaben zu wirtschaftlich Berechtigten waren der Bank bei Sammelanderkonten nur auf Nachfrage zu übermitteln.
Ein Sammelanderkonto dient der Abwicklung von Treuhandgeschäften verschiedener Mandanten. Der wirtschaftlich Berechtigte ändert sich dabei laufend, deshalb muss bei der Kontoeröffnung kein wirtschaftlich Berechtigter angegeben werden. Beträge über 15.000 Euro für einen Mandanten dürfen allerdings nicht länger als einen Monat aufbewahrt werden. (Berufsordnung für Rechtsanwälte; § 4 Fremdgelder und andere Vermögenswerte)
Erste nationale Geldwäsche-Risikoanalyse
Die erste nationale Geldwäsche-Risikoanalyse [pdf] des Bundesministeriums der Finanzen stufte Sammelanderkonten mit einem hohen Risiko für Geldwäsche ein: „Ein besonderes Geldwäscherisiko ist mit Treuhand- und Anderkonten verbunden, insbesondere im Zusammenspiel mit Barzahlungen. Diese Praxis ist insbesondere unter Rechtsanwälten verbreitet.“
Zusätzlich heißt es mit Blick auf Immobiliengeschäfte: „Insgesamt wird das Geldwäscherisiko für den deutschen Immobiliensektor damit als hoch eingestuft. (…) Verdachtsmeldungen von (…) Rechtsanwälten liegen in diesem Bereich hingegen nur vereinzelt vor, obwohl die Berufsgruppen regelmäßig und intensiv in Transaktionen eingebunden werden.“
Untermauert wird diese Feststellung von der Financial Intelligence Unit (FIU), die den Immobiliensektor in ihrem Jahresbericht 2020 als Risikoschwerpunkt für Geldwäsche benennt, insgesamt aber nur 23 Verdachtsmeldungen von Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten für das Jahr verzeichnete.
Exkurs: Warum sind Immobiliengeschäfte bei der Geldwäsche so beliebt?
Strohmanngeschäft:
Eine oder mehrere Privatpersonen aus einem Nicht-EU-Land, die in keinem ersichtlichen familiären Verhältnis zum Kontoinhaber stehen, handeln im Außenverhältnis. Zahlungen für eine Immobilie werden hierbei auch oft von verschiedenen Privatpersonen aus dem EU-Ausland geleistet.
Komplexes Firmengeflecht:
Bei großvolumigen Immobiliengeschäften tritt eine juristische Person aus der EU, z.B. eine Investmentgesellschaft, als Eigentümerin auf, ohne dass die dahinterstehende natürliche Person als wirtschaftlich Berechtigter unmittelbar ersichtlich wäre. Verschleiert wird dies oft dadurch, dass an einer solchen Investmentgesellschaft mehrere weitere Firmen mit beschränkter Haftung und beschränkten Publizitätspflichten, zum Teil ohne erkennbare geschäftliche Aktivitäten, aus Nicht-EU-Ländern (Offshore) beteiligt sind.
Quelle: FIU Jahresbericht 2019
Die Reaktion der BaFin
Mit Blick auf Sammelanderkonten ist in der Geldwäsche-Risikoanalyse außerdem folgender Hinweis enthalten: „Auch Banken sollten solche Konten genau im Blick haben und sich hier nicht auf die Einhaltung der Sorgfaltspflichten durch die Angehörigen dieser Verpflichtetengruppe verlassen. Zukünftig sollten insbesondere die Aufsichtsbehörden in diesem Bereich verstärkt tätig werden und die hiermit verbundenen Risiken stets im Blick haben.“
Als Reaktion strich die BaFin im Juni 2021 in ihren Auslegungs- und Anwendungshinweisen zum GwG [pdf] die “vereinfachten Sorgfaltspflichten” für Sammelanderkonten. Laut einer Stellungnahme der BaFin [pdf] an die Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) bedeutet dies allerdings nicht automatisch, dass Banken keine Sammelanderkonten mehr führen dürfen – vielmehr müssten sie diese Entscheidung in eigener Verantwortung und unter individueller Risikoabwägung treffen. Auch die Anwendung „vereinfachter Sorgfaltspflichten“ sei bei Sammelanderkonten keineswegs ausgeschlossen.
Anders äußert sich die Deutsche Kreditwirtschaft (DK) gegenüber der Legal Tribute Online. Sie resümiert, „dass Rechtsanwälte nunmehr grundsätzlich gehalten seien, bei der Verwendung von Sammelanderkonten dem kontoführenden Institut die gesetzlich geforderten Angaben mitzuteilen.“ Damit würde für alle Seiten der Aufwand steigen.
Kündigung von Sammelanderkonten
Mehrere Kreditinstitute – darunter z.B. die DKB – nahmen die Streichung der “vereinfachten Sorgfaltspflichten” zum Anlass, Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten ihre Sammelanderkonten zu kündigen. Einige Banken haben angekündigt, zunächst die Gespräche der BRAK mit dem Bundesfinanz – und Bundesjustizministerium, der BaFin und dem Bundesverband deutscher Banken abzuwarten.
Wirtschaftlich Berechtigte sicher identifizieren
Wie auch immer diese Gespräche zum Thema Sammelanderkonto ausgehen: Fakt ist, dass es auch für Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte essenziell ist, alle wirtschaftlich Berechtigten im Sinne eines KYC-Prozesse (Know Your Customer) zu identifizieren. Hierbei reicht es nicht, die persönlichen Daten aufzunehmen, sondern es muss valide geprüft werden, ob die Person auf einer PEP- oder Sanktionsliste auftaucht. Ein Aufwand, der manuell nicht zu leisten ist – zu groß ist der Kreis der Sanktionierten, ganz abgesehen von der hohen Anzahl der verschiedenen Prüflisten sowie der dynamischen Veränderungen. Jüngstes Beispiel sind hier die Russland-Sanktionen.
Mit dem PASS KYC Check können im Rahmen einer Online-Abfrage Personendaten gegen Sanktionslisten geprüft und die Ergebnisse als Nachweis digital archiviert werden – sekundenschnell, gründlich und rechtskonform.
PASS KYC Check
Übrigens ist eine solche Prüfung nicht nur bei neuen Mandantinnen und Mandanten relevant, sondern auch bestehende Geschäftsbeziehungen sollten regelmäßig einem Check unterzogen werden. Dann haben Sammelanderkonten (vielleicht) auch eine Zukunft.
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