So gelingt Versicherern der Abschied von Legacy Systemen

Die Transformation von Legacy-Anwendungen in neue IT-Systeme stellt Versicherer vor große Herausforderungen. Gute Planung ist (mindestens) die halbe Miete.

Die Modernisierung der IT steht bei Versicherern weit oben auf der Agenda [pdf] – und dazu gehört die Ablösung von Altsystemen. Vor allem folgende sechs Gründe sprechen für einen zeitnahen Abschied von Legacy Systemen:

  • Das Know-how schwindet
  • Die technischen Schulden wachsen
  • Geschäftsprozesse werden ausgebremst
  • Altsysteme fressen das Budget auf
  • Die Digitalisierung stottert
  • Die Gefahr von Cyberangriffen und Datenschutzverstößen steigt

Mehr zu diesem Thema lesen Sie in meinem Beitrag: 6 Gründe für Versicherer Legacy Systeme abzulösen.

So meistern Versicherer die Modernisierung erfolgreich

Sind die Würfel für eine Ablösung gefallen, stellt sich die Frage, wie die Modernisierung teils hochkomplexer Legacy Systeme erfolgreich gelingen kann – ohne ausufernde Kosten, starke Beeinträchtigungen im Tagesgeschäft oder gar Verlust wichtiger Daten. 

1. Bestandsaufnahme durchführen

Um eine stichhaltige Modernisierungsstrategie erarbeiten zu können, ist es notwendig, im ersten Schritt den aktuellen Zustand des Legacy Systems zu erfassen – entweder intern oder auch in Zusammenarbeit mit einem externen Beratungshaus. Zentrale Fragen, die beantwortet werden müssen, sind hierbei:

  • Ist eine Systemdokumentation vorhanden (vollständig und aktuell)?
  • Ist das Know-how zum Altsystem greifbar?
  • Welche Prozesse sind von der Anwendung betroffen?
  • Welche Funktionen werden aktuell noch genutzt?
  • Was sind Kernfunktionen und was sind Spezialfälle?
  • Welche Kernfunktionen sind wirklich weiterhin wichtig?
  • Ist die Geschäftslogik technikneutral und wiederverwendbar?
  • Welche Daten werden ausgetauscht?
  • Für welche Daten hat das System die Datenhoheit?
  • Welche Probleme werden durch die Altanwendung verursacht?
  • Ist die Altanwendung modular aufgebaut?
  • Wer sind die relevanten Stakeholder und wie lassen sich diese einbinden?
  • Welche Schnittstellen haben die Systeme (UIs, inhouse und extern)?
  • Sind die Altsysteme meldungsrelevant nach VAIT?
  • Unterliegen verarbeitete Daten des abzulösenden Systems einer Data Retention Policy?
  • Ist das System unternehmenskritisch bewertet?
  • Gibt es Testdaten, Testfälle und Test-/Datenbeschreibungen?
  • Auf welcher Infrastruktur läuft das System?

2. Modernisierungsstrategie definieren

Risiko, Kosten, Aufwand, strategische Ausrichtung, Abhängigkeit von Altsystemen, Ressourcen – welcher Modernisierungsansatz zum Tragen kommt, hängt von vielen Parametern ab. Nicht selten führt auch die Kombination zum Erfolg:

Migration:

  • Das Altsystem wird weitgehend automatisiert in eine moderne und offene Zielumgebung transformiert. Bestehende unternehmensspezifische Funktionalitäten bleiben dabei erhalten.

Neuentwicklung:

  • Das System wird neu entwickelt, bestehende Funktionalitäten bleiben erhalten bzw. werden erweitert. Sinnvoll ist dies in der Regel bei individuellen Anforderungen sowie einem großen Änderungs- und/oder Neuentwicklungsbedarf.

Standardsoftware:

  • Das Altsystem wird durch eine Standardsoftware abgelöst. Das ist vor allem dann eine Option, wenn die fachlichen Anforderungen standardisiert sind.

Darüber hinaus sollte in diesem Kontext auch geprüft werden, ob das System zukünftig Inhouse betrieben werden soll oder ob eine Auslagerung in die Cloud eine Alternative darstellt (Unternehmens-IT-Strategie).

3. Einführungsstrategie festlegen

Wie soll das neue System eingeführt werden:

  • direkte Ablösung,
  • sukzessive Übertragung von Funktionen oder
  • temporärer Parallelbetrieb?

Eine Direktablösung – sprich ein Big Bang – bietet oft einen Kostenvorteil, allerdings steigt auch das Risiko von Fehlern und Funktionsausfällen. Sicherer ist die Modernisierung so zu gestalten, dass einzelne Module zeitlich flexibel produktiv gesetzt werden können. Dabei wird die Businesslogik Stück für Stück aus der Legacy-Umgebung herausgeschnitten. Gerade Versicherer mit komplexen Ökosystemen verschiedener Anwendungen sind gut beraten, Schritt für Schritt vorzugehen und so die Systeme immer weiter voneinander zu entkoppeln.

Exkurs: Was passiert mit den Altdaten?

Ob es notwendig ist, die komplette Datenhistorie aus einer Altanwendung in das neue System zu migrieren, muss im Einzelfall entschieden werden, allerdings ergeben sich hier nicht selten Schwierigkeiten, z.B., wenn das neue System nicht die gleichen Funktionen bietet und die Altdaten nicht mehr sinnvoll angezeigt werden können oder das Mapping der Daten sehr aufwändig ist. Viele Versicherer wählen den vermeintlich einfachsten Weg und lassen das Altsystem weiterlaufen. Hierbei fallen im Zweifelsfall allerdings hohe Kosten an (Wartungs- und Nutzungsgebühren, Kosten für aktuelle Infrastrukturkomponenten etc.). Eine Alternative ist eine dauerhafte und revisionssichere Archivierung mit einer entsprechenden Datenarchivierungssoftware.

Und nicht vergessen …

Das beste neue System nützt kaum etwas, wenn die Akzeptanz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dafür fehlt. Deshalb sollte man diese bei einer Transformation auf ein neues System immer gezielt einbinden…

… und vielleicht das ganze Thema zur Chefsache machen.

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